[Rezension #622] „Die Bücherjägerin“ von Elisabeth Beer aus dem Dumont Verlag (Rezensionsexemplar)

Meine Meinung:
Sarah ist eine Frau, die nicht wirklich mit anderen Menschen kann. Sie lebt für ihre Bücher und genießt das Leben mit ihrer Tante Amalia. Beide sind verrückt nach Büchern. Ihre Tante restauriert außerdem Möbel, bis zu ihrem Tod. Als Benjamin in ihr Leben tritt und sie um Hilfe bittet, beginnt ein besonderes Abenteuer. Gemeinsam begeben sie sich auf eine Reise, in die Vergangenheit. Es gilt eine Karte zu finden. Eine Karte die lang verschollen galt. Amalia hatte eine Spur.

Sie reisen zu Jean nach Frankreich. Die Reise dorthin ist schon abenteuerlich. Denn das Auto hat das Lenkrad, auf der falschen Seite. Sarah wird fast verrückt vor Angst. Die zwei Schildkröten müssen auch mit.
Bin sehr gespannt ob sie die Tabula Peutingeriana finden.

Milena mag ich zuerst nicht, sie ist einfach zu normal und hat überhaupt keinen Sinn für das Alte. Irgendwie hat sie immer an allem was auszusetzen. Sie verhält sich von oben herab. Irgendwie ist ihre Meinung immer die von Thomas und nicht ihre eigene. Vielleicht ändert sich das ja noch. Wird aber nicht verraten.

Die Erzählungen über Amalia, finde ich wirklich wunderbar. Ich kann sie mir bildlich vorstellen. Dort in dem Haus würde ich irre gern leben. Es hat was zauberhaftes, intimes, verschroben Schönes.

Sarah mag ich von Anfang an und wusste sofort, dass mit ihr was nicht stimmt. Autismus war auch mein Gedanke. Sie kann Gefühle und überhaupt wie andere Denken und Handeln, überhaupt nicht einsortieren. Das scheint ihr irgendwie zu viel. Sie kann es nicht nachvollziehen. Ben jedoch scheint in ihr eine Saite erklingen zu lassen, die sie so noch nie wahrgenommen hat. Sie fühlt sich in seiner Gegenwart wohl.
Im Laufe des Buches spricht sie von Emotionen, von Gerüchen, von Geschmäckern und von Büchern geschrieben von Dickinson, Proust, Allende, Brontës, Butler und Le Guin.

Philip kann ich nicht ausstehen. Warum ist Sarah nur in diese Beziehung gerutscht?
Schlimm. Egoist durch und durch.

Jean hat durch Amalias Tod viel verloren. Sie war wie eine Tochter für ihn. Amalia, Sarah und Milena waren seine Familie.
Ich mag ihn sehr.

Das Kapitel 32 auf Seite 213 ist für mich wirklich das wunderschönste.

Die Beschreibungen von London, die sie nur im Augenwinkel wahrnimmt sind sehr gelungen.

Insgesamt schwenkt dieses Buch immer wieder zur Geschichte aus der Vergangenheit zurück. Ereignisse und Anekdoten werden über die Zeit mit Amalia erzählt. Was ich sehr schön finde, denn man kann sich so ein besseres Bild machen. Amalias Geheimnisse und ihre Erkrankung, dass sie den Kindern nichts gesagt hat finde ich sehr schade.
Aber es gehört zu der Geschichte dazu und so begibt sich eben Sarah auf die Reise. Nicht nur um sich selbst zu finden, sondern auch um Milena wieder näher zu kommen. Ben ist in dem ganzen Buch, ein ganz besonderer Mensch dem Sarah vertraut. Auch für mich ist er ein ganz wichtiger Faktor, in der Geschichte.
Überraschende Wendung mit Dengelmann in England, hat mich doch echt total geschockt. Allerdings war es genau in diesem Moment, das Richtige.

Mein Fazit:
Eine sehr runde Geschichte, über eine Frau die mit Emotionen nicht so umgehen kann wie andere, aber gerade deswegen alles hinterfragt und klar auf die Geschehnisse blickt. Sie lernt mehr über sich und über andere auf dieser Reise, als je zuvor. Sie fühlt Dinge die zuvor von ihr nie so wahrgenommen worden sind. Alles verbunden mit einer Karte, auf dessen Suche sie sich begibt. Mir hat das Lesen sehr viel Freude bereitet. Es ist alles dabei. Trauer, Schmerz, Verständnis, beginnende  Liebe, Sehnsucht und Vergebung.

Herzlichen Dank an den „Dumont Verlag“ für das Rezensionsexemplar.